Essener Kommunalpolitik

SPD-Mann kritisierte "Muslimisierung" von Stadtteilen - jetzt tritt er aus Partei aus

Montag, 27.01.2020

prvat/dpa - Karlheinz Endruschat setzt sich für den Essener Norden ein.

Mit seiner Wortwahl ist der stellvertretende Essener SPD-Vorsitzende innerhalb seiner Partei angeeckt. Immer wieder machte Karlheinz Endruschat, der auch als Sozialarbeiter und Bewährungshelfer tätig war, mit Aussagen zu den Themen Clan-Kriminalität und Integration auf sich aufmerksam. Jetzt kehrt er seiner Partei den Rücken.

Bereits seit mehreren Jahren hatte der Essener Kommunalpolitiker Karlheinz Endruschat versucht, seine Partei für die Probleme der Integration zu sensibilisieren - ohne Erfolg, wie er selbst findet. Nach 15 Jahren in der SPD verlässt der 68-Jährige nun seine Partei.

"In der SPD fehlt die Bereitschaft, sich mit den realen Problemen auseinanderzusetzen", sagt Endruschat im Gespräch mit FOCUS Online. Dabei sei auch Clan-Kriminalität ein Punkt. Und die Frage, an welchen Punkten Integration gescheitert sei, stelle sich die Partei nicht. "Die SPD hat kein Interesse, die Probleme um die Zuwanderung auch nur anzuerkennen."

Endruschat warnt vor "Nachteilen bei der schulischen Bildung"

Endruschat hatte seiner Partei in Essen nach eigenen Angaben mehrfach geraten, Probleme in diesem Bereich anzugehen. Konkret nennt das Ex-SPD-Mitglied den Bereich Bildung: Vor allem in den Schulen im Essener Norden gebe es Schulklassen, in denen die Kinder mehrheitlich Migrationshintergrund hätten. "Wenn hier kein Personal aufgestockt wird, hat das Nachteile bei der schulischen Bildung für alle Kinder", so Endruschat.

Die Argumentation des Ex-SPD-Mitglieds ist nicht neu: Bereits vor zwei Jahren hatte Endruschat im FOCUS-Online-Interview dargelegt, wie er gegen mangelnde Integration vorgehen will - etwa durch mehrsprachige Lehrer in Schulen und eine Null-Toleranz-Politik gegen kriminelle Familienclans.

In diesem Zusammenhang forderte er mehr Sozialarbeiter auf den Straßen und eine stadtplanerische Entzerrung der Milieus. So müsste etwa der Eigentumsbau im Norden der Stadt preiswerter gemacht werden, "sodass junge Familien wieder einen Anreiz haben, dort hinzuziehen", erklärte Endruschat.

Kritik an Aussagen zur vermeintlichen "Muslimisierung" einiger Stadtteile

Die Warnung des SPD-Mannes vor den Integrationsproblemen insbesondere im Essener Norden hatte in dieser Zeit für Aufruhr in der Essener Ratsfraktion gesorgt. Endruschat hatte vor einer "Muslimisierung" einiger Stadtteile gesprochen.

Insbesondere im Norden der Stadt drohten "Migranten-Milieus" wie in französischen Vorstädten. Thomas Kutschaty, Fraktionschef der SPD im NRW-Landtag, hielt diese Aussagen für übertrieben und rügte das Vokabular von Endruschat.

Seine Ideen möchte der ehemalige Essener SPD-Vize nun in einer kleineren Ratsfraktion weiter vorantreiben, die sich als sozialliberal definiert. Er hänge noch immer der Idee einer Sozialdemokratie an, die pluralistisch ist und Debatten zwischen ihrem linken und ihrem rechten Flügel zulässt, erklärte er in einem Gespräch mit der "Welt".

Zugleich stellt Endruschat klar: "In der AfD wäre ich fehl am Platze. Die werden auch ohne mich stärker. Leider."


Quelle: focus.de vom 27.01.2020